Pratt, Payer Homan-test und weiter tests bei Thrombosen
Klinische Tests bei Verdacht auf Thrombose (tiefe Beinvenenthrombose, TVT)
Die von Ihnen genannten Tests – Pratt-Zeichen, Meyer-Zeichen und Homans-Zeichen (oft fälschlich "Homan-Test" geschrieben) – sind klassische klinische Provokationstests aus der körperlichen Untersuchung bei Verdacht auf eine tiefe Venenthrombose (TVT) im Bein. Sie gehören zu den historischen Zeichen, die Schmerzen durch Druck oder Dehnung provozieren sollen. Allerdings sind sie heute als unsicher und unzuverlässig eingestuft: Sie haben eine geringe Sensitivität (nur bei einem Teil der Betroffenen positiv) und Spezifität (können auch bei anderen Erkrankungen wie Muskelfaserriss, Baker-Zyste oder Infektionen positiv sein). Das Homans-Zeichen wird sogar kritisch gesehen, da es potenziell Thromben lösen und eine Lungenembolie auslösen könnte.
Beschreibung der genannten Tests:
- Homans-Zeichen: Der Patient liegt mit gestrecktem Knie. Der Untersucher dorsalflektiert (zieht den Fuß nach oben) den Fuß passiv. Positiv: Wadenschmerz (besonders hinter dem Knie oder in der Wade). Benannt nach John Homans (1934/1941).
- Meyer-Zeichen: Druck auf die medialen (innere) Druckpunkte entlang der Unterschenkelvenen oder Kompression der Wade. Positiv: Druckschmerzhaftigkeit an der Innenseite des Unterschenkels.
- Pratt-Zeichen: Druck auf die Wade (z. B. Quetschen der Wadenmuskulatur) oder auf die Venen in der Kniekehle. Positiv: Schmerz bei turgider (gespannter) Wade; oft als "Warnvenen" (erweiterte oberflächliche Venen) beschrieben.
Weitere ähnliche klassische Zeichen (oft zusammen genannt):
- Payr-Zeichen: Druck auf die Fußsohle (besonders medial). Positiv: Plantarer Schmerz.
- Lowenberg-Zeichen: Aufpumpen einer Blutdruckmanschette um die Wade – Schmerz bei niedrigem Druck.
Diese Tests sind nicht empfohlen als alleinige Diagnostik, da sie in Studien nur bei ca. 1/3 der TVT-Patienten positiv sind und falsch-positive Ergebnisse häufig vorkommen.
Aktuelle Diagnostik nach Leitlinien (AWMF S2k-Leitlinie 2023, Deutsche Gesellschaft für Angiologie)
Die Diagnose basiert auf einem strukturierten Algorithmus:
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Klinische Wahrscheinlichkeit einschätzen (Wells-Score für TVT):
- Aktive Krebserkrankung: +1 Punkt
- Lähmung/Parese/Gips: +1
- Bettlägerigkeit >3 Tage oder große OP: +1
- Druckschmerz entlang tiefer Venen: +1
- Schwellung ganzes Bein: +1
- Wadenschwellung >3 cm: +1
- Ödem nur am betroffenen Bein: +1
- Oberflächliche Kollateralvenen: +1
- Vorherige TVT: +1
- Alternative Diagnose wahrscheinlicher: –2
- Interpretation: ≤0: niedrig; 1–2: mittel; ≥3: hoch.
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D-Dimer-Test (Bluttest auf Abbauprodukte von Gerinnseln):
- Hohe Sensitivität (negativ schließt TVT bei niedriger/mittlerer Wahrscheinlichkeit weitgehend aus).
- Bei hoher Wahrscheinlichkeit oder positiv: Weiterdiagnostik.
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Bildgebung (Goldstandard):
- Farbduplex-Kompressionssonographie (Ultraschall): Nicht komprimierbare Vene = Thrombose. Sicher, schnell, risikofrei. Erste Wahl!
- Bei unklarem Befund: Wiederholung nach 4–7 Tagen oder CT/MR-Phlebographie (für Beckenvenen).
- Selten: Kontrastmittel-Phlebographie (invasiv).
| Schritt | Niedrige Wahrscheinlichkeit | Mittlere/hohe Wahrscheinlichkeit |
|---|---|---|
| Wells-Score | ≤0 | ≥1 |
| D-Dimer | Negativ → TVT ausgeschlossen | (Oft überspringen) → Direkt Ultraschall |
| Ultraschall | Nur bei positivem D-Dimer | Immer |
Falls Symptome (Schwellung, Schmerz, Rötung, Wärme) bestehen: Sofort Arzt aufsuchen! Unbehandelte TVT kann zu Lungenembolie führen. Diese Infos ersetzen keinen medizinischen Rat – lassen Sie sich untersuchen.