Kernfusion – Die Prinzipien erklärt
Kernfusion – Die Prinzipien erklärt (auf Deutsch)
Kernfusion ist der Prozess, bei dem zwei leichte Atomkerne (meist Wasserstoff-Isotope) unter extremen Bedingungen zu einem schwereren Kern verschmelzen. Dabei wird eine enorme Energiemenge freigesetzt – genau das, was in der Sonne (und allen Sternen) passiert. Unten erkläre ich das Schritt für Schritt.
1. Grundprinzip: Masse → Energie (E = mc²)
- Bei der Verschmelzung von zwei Kernen entsteht ein neuer Kern, dessen Masse etwas geringer ist als die Summe der Ausgangskerne.
- Diese fehlende Masse („Massendefekt“) wird nach Einsteins Formel in Energie umgewandelt:
[
E = \Delta m \cdot c^2
]
(c = Lichtgeschwindigkeit ≈ 300.000 km/s → sehr viel Energie aus wenig Masse!)
Beispiel: 1 kg fusioniertes Material → ca. 25 Milliarden kWh Strom!
2. Welche Kerne fusionieren?
Die wichtigste Reaktion für künstliche Sonnen (Fusionsreaktoren) ist:
[
\ce{^2H + ^3H -> ^4He + n + 17{,}6 MeV}
]
- ²H (Deuterium): „schwerer Wasserstoff“ – in Meerwasser reichlich vorhanden
- ³H (Tritium): radioaktiv, wird im Reaktor aus Lithium erbrütet
- ⁴He: Helium (stabil)
- n: Neutron (trägt Energie, erhitzt Reaktorwand)
- 17,6 MeV: Energie pro Reaktion (davon ~80 % im Neutron)
3. Warum braucht man extreme Bedingungen?
Damit Kerne fusionieren, müssen sie:
- Die elektrostatische Abstoßung überwinden (beide positiv geladen!)
- Nah genug kommen (Abstand < 10⁻¹⁵ m), damit die starke Kernkraft wirkt.
Dafür braucht man:
| Bedingung | Wert in der Sonne | Wert in Fusionsreaktoren |
|---|---|---|
| Temperatur | 15 Mio. °C (Kern) | 100–150 Mio. °C |
| Druck/Dichte | sehr hoch (Gravitation) | niedrig → kompensiert durch Magnetfelder |
| Einschlusszeit | Milliarden Jahre | Sekunden bis Minuten |
4. Wie hält man das Plasma zusammen? (Einschluss)
Das heiße Plasma (ionisierte Gase) darf nicht die Wand berühren → würde sofort abkühlen und Reaktor zerstören.
Zwei Hauptansätze:
| Methode | Prinzip | Beispiele |
|---|---|---|
| Magnetischer Einschluss | Starke Magnetfelder halten Plasma in Schleifen | Tokamak (z. B. ITER), Stellarator (Wendelstein 7-X) |
| Trägheitseinschluss | Laser komprimieren Brennstoffkugel in Nanosekunden | NIF (USA), Laser Mégajoule (Frankreich) |
5. Der „Zündpunkt“ – Lawson-Kriterium
Damit die Fusion selbsterhaltend wird (wie in der Sonne), muss gelten:
[
n \cdot \tau \cdot T > \text{Kritischer Wert}
]
- n = Plasmadichte
- τ = Einschlusszeit
- T = Temperatur
Ziel: Triple-Produkt ≥ 5 × 10²¹ keV·s/m³
→ Dann erzeugt die Fusion mehr Energie, als zum Heizen benötigt wird (Q > 1)
- Q = 1: Break-even
- Q = 10: kommerziell nutzbar
- ITER zielt auf Q ≥ 10 ab (2035+)
6. Vorteile der Kernfusion
| Vorteil | Erklärung |
|---|---|
| Unerschöpfliche Brennstoffe | Deuterium aus Meerwasser, Lithium für Tritium |
| Kein langlebiger Atommüll | Nur Helium + kurzlebige Aktivierung |
| Keine Kernschmelze | Reaktion stoppt bei Störung |
| Keine Proliferation | Kein waffentaugliches Material |
Zusammenfassung: Wie funktioniert eine „künstliche Sonne“?
- Deuterium + Tritium werden auf 100 Mio. °C erhitzt → Plasma
- Magnetfelder halten das Plasma in der Schwebe
- Kerne fusionieren → Helium + Neutron + Energie
- Neutron erhitzt Reaktorwand → Dampf → Turbine → Strom
- Reaktion selbsttragend bei ausreichender Dichte, Temperatur, Zeit
Aktueller Stand (2025):
- ITER (Frankreich): Bau fast fertig, erste Plasma-Tests 2025–2030
- DEMO: geplanter Stromreaktor (nach 2050)
- Private Firmen (z. B. Commonwealth Fusion, Helion): zielen auf 2030er
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